Spezial: Yoga Johannes Schafbauer hatte Vorurteile gegen- über Yoga. Heute ist er selbst Yogalehrer in Regensburg. E s ist 4.30 Uhr. Während sich die meisten Menschen nochmal im Bett umdrehen, drückt Johannes Schaf- bauer Hände und Füße fest in seine Matte. Berg, Vorbeuge, Ausfallschritt, herabschauender Hund, Brett, Kobra. Draußen ist es noch dunkel, drinnen praktiziert er den Sonnengruß. Tiefenentspannung, Atemübung und Me- ditation runden das Ritual ab, mit dem der 46-Jährige jeden Tag beginnt. Sein Ziel: den Geist zur Ruhe bringen. Hätte man Johannes Schafbauer früher nach seiner Meinung über Yoga gefragt, hätte er nur milde gelächelt. „Ich hielt das für Hausfrauensport.“ Heute gibt er selbst in Regensburg Yogaunterricht. Ruhig und mit bewussten Schritten be- wegt sich der große, schlanke und doch muskulöse Mann durch den Raum. Er gießt sich eine Tasse Tee ein, setzt sich auf das weiße Sofa. Vor zehn Jahren brachte eine Krank- heit sein berufliches und privates Leben durcheinander und ihn zum Umdenken. Johannes hatte eine Herzmuskelent- zündung, die einen irreparablen Schaden an seinem Herzen zurückließ. Die Konsequenz: kein Sport, keine körperlich schwere Arbeit. Seinen Beruf als Veranstaltungstechniker konnte er nicht weiter ausüben. „Zu dieser Zeit hatte ich auch psychisch einen Durchhänger. Ich wusste nicht, wie es weitergehen soll.“ Probier’s doch mal mit Yoga, hatte ihm seine damalige Freundin geraten. Und trotz all seiner Vor- urteile zog er sich mit einem Yogavideo zurück und machte die Übungen nach, die er sah. Da wurde ihm klar: Yoga ist viel mehr als körperliche Ertüchtigung. „Es bewegt viel in mir, bringt mich geistig zur Ruhe und gleicht mich energe- tisch aus.“ Yoga ist viel mehr als Gymnastik Genau genommen ist das, was wir im Westen als „Yoga“ bezeichnen, nur ein kleiner Teil einer großen Philosophie. „Die Asanas sind eigentlich nur dazu da, uns auf die Medi- tation vorzubereiten“, erklärt Johannes. Und Yoga sei nicht nur eine abendliche Stunde Üben, sondern ein Lebensent- wurf. Dass viele den gymnastischen Aspekt in den Vorder- grund stellen, sei aber nicht schlimm, schließlich spiele Bewegung für eine Bürogesellschaft wie die unsere ebenso eine große Rolle. Wer tiefer in den Yogakosmos eintaucht, entdeckt bald noch Pranayama, die Atemübungen, er lernt verschiedene Stile und Schulen berühmter Yogameister ken- nen, hört Begriffe wie „Ahimsa“, was Gewaltlosigkeit be- deutet und „Chakren“, die mit Energiezentren im Menschen verglichen werden können, und erfährt von Menschen, die ihr Leben schweigend im Ashram verbringen. Kurz: Er ent- deckt eine ganz neue, schier unendliche Welt. Wer sucht, der findet Antworten – diese Weisheit gilt auch für Johan- nes. „Die Philosophie beantwortet mir viele Fragen, zum Beispiel, wie man mit seinen Gedanken umgeht.“ Ein asketisches Leben im indischen Ashram Doch Johannes wollte noch mehr wissen. Er reiste nach In- dien und begann in einem Ashram eine Ausbildung als Yo- galehrer. So ein Leben im Ashram ist kein Wellnessurlaub. Der Tag beginnt um 4.30 Uhr mit Yoga und Meditation, es folgen Vorträge, Gemeinschaftsaufgaben, auch als „Karma Yoga“ bezeichnet, und noch mehr Yoga und Meditation. Natürlich herrscht Handyverbot. „Es ist anstrengend, aber die Arbeit mit Körper und Geist pusht dich auch enorm“, erinnert sich Johannes zurück. Das frühe Aufstehen und die morgendlichen Yogaübungen hat er beibehalten. „Um diese Uhrzeit sind der Geist und die Welt noch ruhig.“ Ebenso erinnert ein Foto von Swami Sivananda an die Lehren, die er aus dem Ashram mitgenommen hat. Sivananda ist ein Yogameister, der von 1887 bis 1963 in Indien lebte. Das Foto steht zusammen mit einer Statue von Shiva in Form des Nataraj, des tanzenden Shivas, und einer Ganesha- Figur vor einem roten Tuch mit „Om“-Zeichen in Johannes’ Yogazentrum. „Om“ ist eine heilige Silbe, ein Mantra. Das Ganze wirkt ein bisschen wie ein Altar, aber was hat Yoga eigentlich mit Religion zu tun? „Yoga ist keine Religion und gehört auch zu keiner“, erklärt er. Doch es komme aus einer Gegend, in der der Hinduismus eine große Bedeutung hat. r h e G n o m S : s o t o F i Let's Move! 17